20.12.2019
Viele Jahre lang war er das Gesicht des Frauenfußballs beim 1. FC Köln. Zum Jahreswechsel hängt er seinen Job an den Nagel. Für die neue Ausgabe von kölschlive hat sich unser Redaktionsleiter Werner Mason mit Willi Breuer zum Interview getroffen.
[Anm. d. Red.: Das Interview wurde geführt, bevor klar war, dass Willi Breuer bereits zum Jahreswechsel 2019/2020 den Trainerposten bei der Frauenmannschaft des 1. FC Köln abgibt!]
Wie würdest du dich privat, aber auch beruflich charakterisieren?
Ich glaube, ich bin jemand der mit viel Emotion unterwegs ist. Und das Fußballthema begleitet mich im Prinzip mein Leben lang. Als Spieler und auch als Trainer. Und dann habe ich ja auch eine Verbundenheit zum Fußball als Medium, das man gut einsetzen kann in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Hinzu kommt natürlich meine Verbundenheit zum FC. Ich habe mein erstes Bundesligaspiel 1965 gesehen. Ich erinnere mich noch sehr genau daran. Ich bin mit dem Fahrrad hingefahren und leider hat der FC 0:1 gegen Hannover 96 verloren. Das weiß ich alles noch und das ist geblieben. Wenn man hier in der Gegend groß geworden ist, dann ist es ein Privileg im Verein sein zu dürfen. Und es war mein Kindheitstraum und den konnte ich mir irgendwann realisieren. Ich bin glücklich und stolz, für den Verein tätig sein zu dürfen. Und Köln ist für mich immer Rhein, Karneval, Dom und der FC.
Wolltest Du schon immer Trainer werden?
Der Wunsch ist erst später entstanden. Bei mir auch so ein bisschen aus der Not heraus, denn als Student musste man immer sehen, wo man bleibt und irgendwann war es die Möglichkeit als Fußballtrainer ein bisschen Geld zu verdienen. So haben sich dann die Dinge entwickelt.
Hast Du als Spieler schon früh Dein Trainer-Gen entdeckt?
Eigentlich nicht. Ich habe damals in der Oberliga Fußball gespielt und es gibt ja einige Kollegen, die das von sich behaupten. Ich kann dies bei mir aber rückblickend nicht feststellen.
Warum hast Du Deine aktive Spielerkarriere damals beendet? Ging es vom Talent nicht weiter oder was waren die Gründe?
Das fällt schwer, dies selbst zu bewerten. Es gab zwar ein paar Anfragen von höherklassigen Klubs. Ich habe aber auf dem zweiten Bildungsweg Abitur gemacht und mich dann darauf konzentriert. Später noch das Studium angeschlossen und Fußball lief praktisch immer nur nebenher.
Du hast an der Sporthochschule Köln Deinen Diplom-Sportlehrer gemacht. Welche Trainer-Lizenz hast Du erworben und welche ist für eine Frauen-Bundesligamannschaft notwendig?
Für den Frauenfußball benötigst Du die A-Lizenz. Ich habe beim Studium 1995 meine Fußballlehrer-Lizenz erworben und somit die entsprechende Qualifikation.
Ist es notwendig, dass man als Trainer selber Fußballspieler war?
Ich denke, das ist wichtig und macht es einfacher. Das glaube ich schon. Man möchte als Trainer die Mannschaft besser verstehen und auch mal die Perspektive der Spieler einnehmen können. Wenn ich selbst nie auf der anderen Seite gestanden habe, ist es garantiert etwas schwieriger.
Du hast auch noch eine Zusatzausbildung zum Sozialpädagogen gemacht. Wie kam es dazu?
Das hat sich einfach entwickelt. Ich muss natürlich fairerweise sagen, dass ich bei meinem Studium mein zweites Fach nicht abgeschlossen hatte. Dann hat sich diese Möglichkeit ergeben und die habe ich dann genutzt. Im Nachhinein war es ein richtig guter Schritt. Oft ist es im Leben ja so, dass die Wege, die nicht vorprogrammiert sind, die besten sind. Und so ist es dazu gekommen.
Seit 2013 bist Du Leiter und Trainer der Fußballer mit Behinderung im Fußball-Leistungszentrum Frechen. Wie ist es möglich, dass Du gleichzeitig für den FC tätig bist und dann noch diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen kannst?
Da muss ich auch ein bisschen weiter ausholen. Das ist nur deshalb möglich, weil es eine Kooperation zwischen dem 1.FC Köln und dem Fußball-Leistungszentrum Frechen gibt. Zum einen gibt es eine Kooperation mit dem Gesamtverein und das ist bemerkenswert, denn dies ist bundesweit einzigartig. Und es gibt eine Kooperation mit der FC-Stiftung. Und das macht es mir einfacher, beide Aufgaben unter einen Hut zu bekommen.
Wirst Du diese ehrenamtliche Tätigkeit fortführen? Am Ende der Saison beendest Du ja auch Deine Karriere als Chefcoach der 1. Frauenmannschaft des 1.FC Köln.
Das war eine reine Kopf- und keine Herzensentscheidung. Ich werde Ende des Jahres Gespräche mit der Geschäftsführung haben, wie es dann in einer anderen Form weitergehen kann. Das möchte ich auch gerne, aber mit weniger Zeitaufwand. Und die andere Tätigkeit in Frechen wird auf jeden Fall weiterlaufen, wenn auch da reduziert. Aber ich bleibe dem Fußball mit Sicherheit erhalten, denn mit meinen Jungs aus Frechen bin ich am Geißbockheim dank der Kooperation mit dem FC weiterhin präsent, weil wir hier viermal die Woche trainieren dürfen.
Dein Engagement und Deine Motivation gilt somit sowohl dem Behinderten- als auch dem Profisport?
Wer möchte denn schon freiwillig von seinem Traumverein weg? Ich bin gesund, fühle mich fit und wohl und ich habe das Privileg, dass seit ich 2009 wieder zurück zum FC kam und noch keinen Tag aufgrund einer Erkrankung gefehlt habe. Ich war immer präsent, weil es mir Spaß macht. Das kann morgen natürlich ganz anders sein. Aber das zeigt, dass ich mich hier wohlfühle. Ich bin gerne hier und im Endeffekt mache ich ja das, was ich immer machen wollte. Ich stehe auf dem grünen Rasen. Was Besseres gibt es ja gar nicht.
Du hast 2007 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. Hat dies mit Deinem Engagement im Behindertensport zu tun und wie kam es dazu?
Der Aufhänger war die WM 2006. Es gab die WM der Menschen mit Behinderung 2006 in Deutschland im Anschluss an die FIFA WM. Das war ein unglaublich mediales Ereignis. Wir waren ja auch mit Mannschaften hier am Geißbockheim. Das war ein unheimlicher Hype. Das war auch das sportliche Großereignis in diesem Bereich und ist bis heute nicht mehr wiederholt worden. Von den Zuschauerzahlen war das enorm. Und so kam es halt dazu, dass ich ein bisschen in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten bin und irgendjemand die Idee hatte, das zu honorieren.
Wie wichtig war das Turnier 2006 für den Behindertensport?
Auch wenn dies nur kurzfristig im Fokus stand, war es ganz, ganz wichtig. Ich glaube, wenn dieses Turnier damals nicht so gehypt worden wäre, wären wir nicht auf dem Stand, wo wir jetzt sind. Wir hatten danach ein kleines Tief, wenn wir von dem Behindertenfußball reden und so ab 2009, 2010 hat die Gold-Krämer-Stiftung sich des Themas angenommen. Das ist ja in anderen Bereichen auch so. Du brauchst Sponsoren und Geldgeber, um Dinge umsetzen. Und durch diese Stiftung konnte Behindertenfußball strukturierter vorangetrieben werden und dadurch gibt es das Fußball-Leistungszentrum und die wunderbare Kooperation mit dem 1.FC Köln.
Wie wichtig ist das Ehrenamt und das soziale Engagement speziell im Sport?
Wir sind ja gerade in Deutschland in diesem Bereich sehr gut aufgestellt und es wird ja auch zum Glück entsprechend honoriert. Es gibt immer wieder Aktionen für Ehrenamtler und gerade die kleinen Vereine leben sehr davon. Wenn es keine Ehrenamtler und sozialen Unterstützer gegeben würde, dann wäre es ganz schwierig unser Vereinssystem, so wie wir es kennen und schätzen, auf Dauer aufrechtzuerhalten. Wir haben ja auch beim FC viele Kolleginnen und Kollegen im Umfeld die uns beim GeißbockCup etc. immer wieder zur Verfügung stehen. Das ist schon ein ganz wichtiges Thema.
Zurück zu Deiner Tätigkeit als Cheftrainer bei den FC-Frauen. Was zeichnet einen guten Trainer aus?
Man muss Spaß an der Arbeit mit Menschen haben. Man muss auch lernen viele Kompromisse einzugehen. Das ist auch ganz wichtig. Als junger Trainer hatte ich immer den Wunsch, dass alle meine Entscheidungen nachvollziehen können. Das wird nicht gehen. Du wirst immer jemandem wehtun, wenn Du Entscheidungen triffst. Es werden immer in einem Zwanziger-Kader 10 sagen, das ist toll. 5 werden sagen, ja, das ist in Ordnung und 5 sind froh, wenn Du wieder weg bist. Damit musst Du leben. Das lernt man im Lauf der Jahre. Und es ist ein großer Unterschied, ob ich mit Jungs bzw. Männern arbeite oder eine Frauenmannschaft trainiere. Das ist eine ganz andere Herausforderung.
Was sind deine Stärken und Schwächen als Trainer?
Es ist immer schwierig dazu selbst etwas zu sagen. Ich glaube wichtig ist, dass man eine Linie hat und authentisch ist. Ich bin kein Leisetreter. Ich bin ziemlich emotional. Und das ist ein ganz wichtiger Aspekt meiner Arbeit. Ich glaube auch, dass ich bedingt durch meine Ausbildung ein ganz gutes Einfühlungsvermögen für Menschen habe. Alles andere ist immer schwierig zu bewerten. Das müssen eher die Leute machen, die draufschauen und schon lange mit einem zusammenarbeiten.
Benötigt man heute als Trainer nicht grundsätzlich eine psychologische Zusatzausbildung, um die Spieler und Spielerinnen besser unterstützen und erreichen zu können?
Ich erlaube mir mal ein Zitat vom ehemaligen Trainer Ewald Lienen, den ich kennengelernt habe, zu verwenden. In einer schwierigen Phase mit seiner Mannschaft sagte er zu mir: „Willi, als Sonderpädagoge ist man im Fußball ganz gut aufgestellt. Das hilft einem in diesem Bereich viele Dinge zu verstehen, die vielleicht manchmal nicht unbedingt nachvollziehbar sind.“
Du hast ja nicht nur Frauenmannschaften trainiert.
Genau. Ich habe im Seniorenbereich gearbeitet, im Amateurbereich von der Kreisliga bis zur Landesliga. Dann war ich bei Alemannia Aachen zwei Jahre Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und habe hier beim FC drei Jahre Individual- und Technik-Training gemacht. Ich hatte das Privileg mit den Profis arbeiten zu dürfen und bin dann 2012 mehr oder weniger durch Veränderungen im Kader der Frauenmannschaft dann in diesen Bereich hineingekommen.
Welche bekannten Spieler im Nachwuchsbereich sind denn durch Deine Schule gegangen?
Einige. Einer ist ja immer noch hier. Den habe ich damals aus Brauweiler zum FC holen dürfen. Das ist der Thomas Kessler. Der bekannteste ist sicherlich Poldi. Lukas Sinkiewicz ist auch jemand, zu dem ich noch gute Kontakte pflege. Da gibt es einige Jungs, die jetzt in der zweiten und dritten Liga unterwegs sind. Aber die Drei sind mit Sicherheit diejenigen, die herausragen.
Erkennt man sofort, dass dies herausragende Spieler sind?
Ich kann nur über die Drei reden. Den Kess als U14-Spieler zu verpflichten war relativ einfach. Da waren viele dran interessiert. Der war damals schon nicht viel kleiner als heute, eine echte Erscheinung. Poldi hatte immer das besondere Etwas. Sinkiewicz war damals schon ein groß gewachsener, athletischer Spieler. Da konnte man hoffen, dass es funktioniert.
Wärst Du lieber im Nachwuchs- bzw. Männerbereich geblieben?
Ich habe damals nichts favorisiert. Ich war ziemlich offen und neugierig. Der Frauenfußball ist seit 2009 ein Bestandteil des Clubs, seitdem er den FFC Brauweiler übernommen hat. Es war eine reizvolle Aufgabe, die Mannschaft damals als Chef-Trainer zu übernehmen. Das war für mich nicht das, was ich geplant hatte. Aber wie schon gesagt, man kann die Dinge nicht immer vorhersagen, gerade im Fußball nicht. Das mache ich also seit 2013 mit wechselndem Erfolg, mit mittlerweile zwei Ab- und drei Aufstiegen. Ich hoffe, dass jetzt der Klassenerhalt dazukommt.
Was reizt Dich daran und was ist das Besondere eine Frauenmannschaft zu trainieren?
Es ist mit Sicherheit so, dass dort eine höhere Reflektion stattfindet. Es wird viel mehr hinterfragt und das macht es oft nicht einfach. Eine befreundete Journalistin hat mal zu mir gesagt: „Willi, vergiss nicht, Frauen sind wie Elefanten, die vergessen gar nichts.“ Und man muss schon ein bisschen sensibler sein, auch in der Ansprache. Es ist manchmal ein bisschen schwieriger, diesen direkten Draht zur Mannschaft zu haben oder in die Mannschaft reinhören zu können, weil man z.B. nicht so einfach die Kabine aufmachen und reingehen kann, wenn man etwas besprechen möchte.
Ist es daher schwieriger für Herren-Trainer in den Frauenfußball zu wechseln?
Das ist eine große Umstellung und Herausforderung. Und mich hat auch noch kein Trainer angesprochen, dass er am Ende der Saison meine Position übernehmen möchte. Aber es ist eine sehr spannende Aufgabe mit viel Entwicklungspotential. Wir haben uns in vielen Bereichen stark verbessert und professionalisiert. Wir spielen in der gleichen Liga mit Teams wie Bayern, wie Potsdam etc., die komplett professionell arbeiten und da haben wir noch einige Schritte zu gehen.
Ist es ein Vorteil, nicht so im Fokus zu stehen wie die Männer im Profifußball?
Klar, da ist mit Sicherheit vieles einfacher. Den persönlichen Druck hat glaube ich jeder Trainer, von der Kreisliga bis nach oben. Du willst Spiele gewinnen, Du weißt aber auch, dass Fehler passieren können. Du hast unter der Woche beim Training großen Einfluss. Danach beim Spiel steuerst Du vielleicht noch ein bisschen hier und da, aber letztendlich ist es dann schon so, dass du zumindest teilweise hilflos bist. Und da stehen natürlich andere Kollegen, die ganz anders im Fokus stehen wie ich, unter viel größerem Druck.
Wie professionell wird heute im Frauenfußball trainiert?
Das hat sich schon ziemlich angeglichen im Vergleich zu den Männern. Wir haben natürlich einen großen Vorteil, durch die Anbindung an den großen Club inklusive eines regen Austausches. Da haben wir die Möglichkeit auf vorhandene Grundprinzipien und Grundwerte zurückzugreifen. Das ist ein professioneller Austausch und ich glaube, das ist auch ein wichtiges Thema für die Zukunft. Der Frauenfußball sollte bei den Bundesligavereinen der Männer zu Hause sein, weil man dort die nötigen Strukturen vorfindet.
Kann eine Spielerin des 1.FC Köln vom Fußball leben?
Wir haben uns gerade seit unserem Aufstieg verbessert. Ein Drittel der Spielerinnen im Kader können ausschließlich von dem Sport leben. Das mussten wir auch sicherstellen, sonst kannst Du gar keine Nationalspielerin aus Österreich, der Schweiz oder Irland holen. Die müssen einfach von ihrem Einkommen leben können, das geht in Ordnung. Dann gibt es einige Spielerinnen, die einen guten Zuverdienst zu ihrem Beruf oder fürs Studium erhalten. Wir haben auch einige ganz junge Spielerinnen dabei, die erstmal ein gutes Taschengeld verdienen. Ich glaube, wir haben da eine ganz gute Mischung gefunden. Das Wichtigste ist erst einmal die Klasse zu halten und dann können wir auch den nächsten Schritt gehen.
Wie sehen denn aktuell Eure Trainingsbedingungen aus?
Das kann man ja offen ansprechen. Wir haben zu wenig Trainingsplätze und da leiden alle darunter. Wir müssen auf den Abend ausweichen, weil vorher alle Nachwuchsteams der Männer trainieren. Wir sind die Mannschaft, die als letzte auf den Platz geht und dann haben wir aber auch nach hinten raus unsere Ruhe. Das ist ein Vorteil. Aber die Bedingungen sind professionell, wir können hier alles nutzen, also die Krafträume und wir haben auch das Privileg, als einzige Mannschaft neben den Profis auch in dem Profibereich aktiv sein zu dürfen. Und wir haben dieses Jahr ebenfalls das große Privileg, dass wir unsere Heimspiele im Franz-Kremer-Stadion austragen dürfen. Das sind dann wirkliche Heimspiele.
Was hat sich im Laufe der Jahre im Funktionsteam und in der Betreuung verändert?
Wir haben uns richtig gut aufgestellt. Wir haben mittlerweile Athletik-Trainer und festangestellte Physiotherapeuten. Die haben wir erst seit drei Jahren, ist aber entscheidend für ein professionelles Arbeiten. Wir haben drum herum ein Funktionsteam mit Nicole Bender, die als ehemalige Spielerin integriert worden ist. Ich habe dazu auch Marie Pyko ins Trainerteam geholt, ebenfalls eine ehemalige Spielerin, weil ich glaube, die verstehen die Dinge noch viel besser. Da brauchen wir uns auch hinter keinem Bundesligaverein zu verstecken.
Liegen dort auch im positiven Sinne die Ursachen, dass ihr ohne Verletzungen in die Bundesliga-Saison gestartet seid?
Das stimmt. Wir haben einen relativ großen Kader. Aber leider hat es dann kurz vor Ende der Hinrunde doch gekracht. Kristina Hild hatte sich verletzt. Sie ist eine wichtige Spielerin, hatte noch keine Minute für uns verpasst. Sie studiert Sport und hat zum Glück alle Praxisteile schon hinter sich gebracht. Aber das ist natürlich bitter. Schwere Verletzungen ist so ein Phänomen im Frauenfußball, gerade die Kreuzbandrisse treten hier besonders häufig auf. In dem Bereich gibt es sogar Untersuchungen und entsprechende Forschungen. Aber man hat leider noch nicht den Stein der Weisen gefunden.
Professionelle Trainingsmöglichkeiten liefern zumindest die Basis für einen belastbaren Körper. Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang der Ausbau vom Geißbockheim und der Trainingsplätze?
Schon allein die Tatsache, dass die Nachwuchsmannschaften der Frauen hier nicht trainieren können ist Mist. Es geht einfach von den Trainingsplatz-Kapazitäten nicht und daher müssen die in Widdersdorf trainieren. Das macht es auch nicht einfacher. Letztendlich ist man als 1.FC Köln hier zu Hause, aber wir haben schlichtweg zu wenig Kabinen und Trainingsplätze. Daher ist in meinen Augen der Ausbau vom Geißbockheim und der Trainingsplätze unbedingt notwendig.
Was würdest Du Dir wünschen, damit der Frauenfußball beim 1.FC Köln in Zukunft noch erfolgreicher wird?
Ja, da bin ich ganz ehrlich. Wichtig wäre, dass wir die Klasse halten. Ich glaube, das ist die Voraussetzung. Wenn wir das schaffen, dann haben wir gute Möglichkeiten und es gibt hier in der Geschäftsführung die Unterstützung, die wir brauchen. Es gibt die Unterstützung des neuen Vorstands. Und deshalb wäre es wichtig, dass wir den nächsten Schritt für die Zukunft gehen können. Dann bin ich zuversichtlich, dass wir hier zumindest mittelfristig etwas aufbauen können und dauerhaft ist der Frauenfußball auch in Köln gut aufgehoben. Ich glaube, da sind wir uns alle einig, Vielfalt und bunte Kulturen, wenn das nicht möglich ist in Köln, unabhängig vom 1.FC Köln, dann frage ich mich in welcher Stadt denn überhaupt.
Was müsste sich ändern, damit die Frauenmannschaft sogar um die Deutsche Meisterschaft mitspielen könnte? Was haben die anderen Bundesligisten für Voraussetzungen? Was sind die Unterschiede?
Rahmenbedingungen, wie der FC Bayern oder Wolfsburg wirst Du langfristig nicht haben. Aber ich denke wir haben Möglichkeiten. Ich nenne mal Beispiele wie zusätzliche Sponsoren, die wir für das Thema gewinnen könnten, damit man Mädels auch eine Perspektive bieten kann. Damit es nach der aktiven Karriere als Spielerin auch eine berufliche Perspektive gibt. Ein duales Studium ist ein weiteres Thema. Unser Hauptsponsor Rewe bietet so etwas generell an. Wir haben auch Standortvorteile, allein durch die Sporthochschule und dadurch, dass Köln generell eine Universitätsstadt ist und viele gerne herkommen. Und Köln ist attraktiv. Viele Spielerinnen würden hierbleiben, wenn wir die Liga halten, denn die leben lieber in Köln als in einer anderen Stadt. Von daher ist das ein weiterer positiver Grund, dass man hier genau diese Dinge weiterverfolgen sollte.
Wer ist der Topfavorit, wenn es um die Meisterschaft geht?
Das ist immer Wolfsburg. Das ist eine Weltauswahl, die dort zusammengestellt wurde. Da wird es selbst für Vereine wie Bayern München oder Frankfurt ganz schwer mitzuhalten. Wolfsburg wurde bereits mehrfach Meister, Pokalsieger und Champions-League-Gewinner.
Wie kann es sein, dass selbst die Bayern da kaum mithalten können?
Ich habe gehört, dass in Wolfsburg nicht nur VW das Geld gibt, sondern auch für die Strategie dahinter zuständig ist. VW hat sich überlegt, wie viel Geld sie als Konzern investieren müssen, um im Profibereich der Männer die gleichen Erfolge zu erzielen wie bei den Frauen. Ich weiß von Kollegen, dass die Frauenabteilung im letzten Jahr einen Etat von 4,5 bis fünf Millionen Euro hatte. Um das jetzt auf den Männer-Bereich zu übertragen, also wenn man Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Champions-League-Sieger werden will, da brauchen wir gar nicht drüber zu diskutieren. Das steckt dahinter und deshalb sind die Wolfsburger Frauen so erfolgreich. Auf jeden Fall ein interessanter Aspekt.
Welche Unterschiede zwischen den Topteams zum Rest der Liga gibt es noch?
Wir haben uns diese Saison schon gut verstärkt, aber es ist unmöglich noch mehr Topspielerinnen zu verpflichten. Dafür fehlen uns einfach noch die Rahmenbedingungen, aber das ist als Aufsteiger klar. Die finanziellen Möglichkeiten ist ein großer Unterschied. Wir haben eine gute Mannschaft, aber für uns geht es nur um den Klassenerhalt. Um etwas mehr erreichen zu können, bräuchten wir irgendwann noch zwei, drei Spielerinnen, die den Unterschied ausmachen, die diese Mannschaft führen und leiten können.
Wer spielt um den Klassenerhalt mit?
Im Moment sieht es so aus, wie das im Vorfeld erwartet wurde. Neben uns sind das Leverkusen, Duisburg und Jena. Leverkusen war im letzten Jahr eine Mannschaft die lange gekämpft hat. Jena als Aufsteiger sowieso und Duisburg hatte zwar im letzten Jahr eine gute Serie und ist somit aus der Zone rausgekommen, aber auch die stehen jetzt mit unten drinnen. Ich glaube, dass dies die Teams sind, die sich bekämpfen werden, um die Liga zu halten.
Wo landet ihr am Ende der Saison?
Wir werden Drittletzter und dann jubeln wir. Dann lass ich es krachen.
Nach der Saison ist ja auch Schluss für Dich.
Das macht es auch in bestimmten Dingen einfacher für mich. Generell muss ich jetzt keinem mehr etwas beweisen, sondern im Endeffekt nur mir selbst. Und ich würde sehr gerne für die Mannschaft und das Thema Frauenfußball allgemein beim FC das Ziel erreichen. Das wäre großartig.
Rückblickend: Welches war Dein größter Sieg und welches Deine größte Niederlage als Trainer?
Schwierig zu sagen. Meine Laufbahn beim FC sehe ich insgesamt total positiv. So gesehen ist mein größter Sieg, dass wir 2006 für das Thema Behindertensport mit der Fußball-WM für Menschen mit Behinderung in Deutschland solch eine große Öffentlichkeit hatten. Das wir diese Euphorie anschließend aber nicht geschafft haben in professionelle Strukturen zu übertragen, das musste ich dann für mich verarbeiten. Aber als 2012 diese Idee dann neu geboren wurde, das war ein Highlight. Mit Hilfe von Sponsoren, neuen Strukturen und auch durch die Kooperation mit dem 1.FC Köln, wurde dies dann möglich. Aus diesem Projekt arbeitet heute zum Beispiel Sascha Mundorf als Greenkeeper beim FC. Einen besseren Erfolgsbeleg gibt es gar nicht.
Wie lautet das Fazit Deiner Trainer-Karriere?
Ich bin zufrieden, mit dem was ich gemacht habe. Es wäre mehr möglich gewesen, aber dazu hätte ich selbst forscher sein müssen. Es gab immer mal wieder andere Angebote und die wären mit einer räumlichen Veränderung, auch ins Ausland, verbunden gewesen. Aber im Nachhinein bin ich froh, dass ich dies nicht gemacht habe, denn ich bin ein absoluter Familienmensch und ich wäre wie eine Primel durch eine Trennung eingegangen. Ich bin zum Ende der Saison 11 Jahre beim FC und das macht mich schon unglaublich stolz.
Wie wirst Du dem FC weiterhin verbunden bleiben?
Emotional immer. Es war eine superjeile Zick und niemals geht man so ganz. Am Ende des Jahres wird es Gespräche mit der Geschäftsführung geben und dann sehen wir weiter. Emotional werde ich aber auf jeden Fall hier immer zu Hause sein. Den Geißbock im Herzen, das bleibt.
Vielen Dank für das Gespräch.