Interview mit Mo-Torres

2.12.2016

"Letztens hatte ich den Traum, dass 20.000 Kölner im Bernabéu bei Real Madrid stehen". fans1991 traf Mo-Torres zum Interview und stellte Fragen zu seiner Musikkarriere, Heimatverbundenheit und den 1. FC Köln. 

 

Hallo Mo, vielen Dank, dass du dich zum Interview bereit erklärt hast. Mit deinen Liedern „Mein letztes Hemd“ und „Heimat“ bist du seit den letzten Monaten in aller Munde. Wie fühlt es sich an, mit seiner Musik im Rampenlicht zu stehen?

Erfolg ist immer eine Sache der Definition und ich schaue beispielsweise auch nicht auf Klicks bei YouTube oder Facebook. Das Positive ist die Resonanz der Leute und Menschen, die von Auswärtsfahrten erzählen, dass meine Musik in deren Bussen läuft. Erfolg und Zufriedenheit gehören für mich zusammen: Ich genieße alles für den Moment, wie zum Beispiel bei meiner Release Party im Underground, wo 300 Leute meine Musik mitsangen. Gleichzeitig darf man nicht nur zufrieden sein, da das automatisch Stagnation bedeutet. Wenn Modeste zwei Nüsse macht, darf er sich ja auch nicht zurücklehnen.

 

Wenig später standst du beim Heimspiel des FCs gegen RB Leipzig vor der Südtribüne und hast einen deiner Songs präsentiert. Wie hat es sich für dich angefühlt vor so einer Masse an Menschen zu stehen?

Im Stadion selber hat man direktes Feedback nicht mitbekommen, da man die Gesichter nicht sieht. Bei 400 Leuten sieht man natürlich jedes Gesicht, aber das Gefühl war natürlich Wahnsinn. Ich war dermaßen nervös vor dem Aufritt: Als das Spiel dann noch 15 Minuten später angepfiffen wurde, konnte ich die Anspannung fast nicht mehr aushalten.

 

Wie hast du die Stimmung beim Spiel gegen RB Leipzig empfunden?

Es war schon eine merkwürdige Stimmung, da die Stimmung nicht für den FC war, sondern nur gegen einen anderen Verein. Normalerweise ist die Stimmung ja immer für unseren Verein. Daher habe ich mich auch gefragt, ob es der richtige Termin für unseren Auftritt war. Ich werde auch oft gefragt, ob ich nicht mal einen Song gegen RB Leipzig oder den DFB machen möchte, aber ich schaffe lieber etwas Positives mit meiner Musik.

 

Seitdem hat sich viel getan. Vor kurzem hast du deinen ersten Booking-Vertrag unterschrieben, das heißt Konzerte und Touren werden nun professionell für dich organisiert. Welches Ziel verfolgst du mit deiner Musik?

Der Traum wäre es von meiner Musik leben zu können, aber das ist nicht mein Ziel. Mein Ziel ist es weiterhin gute Musik zu machen. Ich studiere, um ein erstes Standbein zu haben. Ich habe dadurch den Luxus, entspannter Musik zu machen, ohne extremen Existenzdruck. Eine Agentur kann mir da schon deutlich Arbeit abnehmen und das Leben erleichtern.

 

Schon nach dem Aufstieg in die erste Bundesliga, im Jahr 2014, hattest du einen Hit mit „1. Bundesliga, wir sind wieder da“, der heute noch vielfach gehört wird. Wie bist du dazu gekommen, Musik über deine Liebe zum 1. FC Köln zu machen?

Ich stehe seit 15 Jahren in der Südkurve und der Verein sowie die Stadt sind ein sehr großer Teil meines Lebens. Im Genre Rap hat ja bisher auch kaum jemand was über den 1. FC Köln gemacht. Als wir 2014, an einem Montagabend, aufgestiegen sind, sind wir über die Ringe gefahren und da ist mir der damalige Fangesang aus der Kurve „Döp Dö Dö Döp“ in den Sinn gekommen. Ich habe noch in der Nacht meinen Produzenten angerufen, der mir einen Beat zu dem Fangesang machen sollte. Am nächsten Tag bin ich ins Studio und habe den Song aufgenommen. Die reine Arbeitszeit betrug eine Stunde und alles ist wirklich rein spontan entstanden. Das kam super an, allerdings nicht bei dem Verlag, der die Rechte dafür hatte (lacht). Der Song ist ja ursprünglich von Gigi D´ Agostino und der Verlag hatte die Idee den Song mit Sülo zu machen, aber das wusste ich in dem Moment nicht. Sülo und ich kennen uns aber über ein paar Ecken und daher nahm er mich mit auf seinen Song. Deshalb gibt es jetzt zwei unterschiedliche Varianten des Songs. Bei „mein letztes Hemd“ hatte mich eine Fanseite gefragt, ob wir nicht einen Song machen können. Daraufhin habe ich mich mit Darius zusammengesetzt und den Song geschrieben. So was muss allerdings aus dem Gefühl heraus entstehen, das kann man nicht planen.

 

Wie stehst du dem Vorwurf gegenüber Musik für die breite Masse zu machen?

Ich finde es nicht nachvollziehbar, wie etwas als kommerziell bezeichnet werden kann, nur weil eine große Masse an Menschen etwas gut findet. Für viele Leute ist Musik nur dann cool, wenn sie das Gefühl haben, dass sie die einzigen sind, die sie hören. Sobald der Künstler oder ein Lied dann eine Millionen Klicks auf YouTube hat, ist es automatisch uncool. Das ist für mich absoluter Bullshit. Wenn ich ein Lied cool finde, dann höre ich es einfach. Früher hat man auch die Backstreet Boys alleine im Keller gehört und wollte es niemandem verraten.

 

Welcher ist dein Lieblingssong über den FC?

Das ist schwer zu sagen. Der FC ist letztendlich ein Synonym für die Stadt und taucht in fast jedem Kölner Song auf. Ich glaube, es gibt keinen Verein, der mehr für die Stadt steht, als der 1. FC Köln. Als besten Song würde ich die FC-Hymne sehen. Es ist letztendlich der lauteste und innigste Moment im Stadion, wo jeder aus voller Kehle mitsingt. Das Gefühl, was einem der FC gibt, schreit man in dem Moment raus.

 

In deiner Musik spielen nicht nur der Verein, sondern auch die Stadt Köln eine große Rolle. Wie kannst du am besten dein Gefühl in Bezug auf die Stadt Köln beschreiben?

In der Uni sollten unsere Sitznachbarn unsere Stärken und Schwächen aufschreiben. Mein Sitznachbar schrieb daraufhin, dass ich nie Köln verlassen könnte und genauso ist es auch. Als ich für ein halbes Jahr ins Ausland gehen sollte, um zu studieren, war ich froh, dass ich eine Knieverletzung hatte und nicht weggehen musste. Das Gefühl Köln ist sehr schwer zu beschreiben. Egal wo du außerhalb bist, du sehnst dich einfach nach deiner Stadt. Selbst wenn ich auf Mallorca bin und es 30 Grad heiß ist, bin ich richtig froh, wenn ich wieder hier bin.

 

Könntest du dir vorstellen, deine Sachen zu packen und in eine andere Stadt zu ziehen?

Nein (lacht). Vielleicht wenn ich mal alt bin und kälteempfindlich werde, würde ich darüber nachdenken und den Winter in der Wärme verbringen.

 

Was magst du nicht an Köln?

Da gibt es eigentlich nicht viel. Das ist wie in einer Beziehung. Da überwiegen einfach die positiven Dinge und man lebt gerne mit jedem Fehler. Am ehesten noch die Überschwemmungen von Touristen an Karneval. Die Venloer Straße in Ehrenfeld besteht mittlerweile auch aus vielen Hipstern, was natürlich alles seine Daseinsberechtigung hat, aber lass sie mit ihren Jutebeuteln durch die Stadt laufen. Ich verstehe auch nicht, dass manche Viertel abgewertet werden und andere nicht. Alle Kölner Veedel sind doch gleich und für mich ist jeder Kölner, egal aus welchem Veedel er kommt: Ob nun Chorweiler, Mülheim oder Ehrenfeld.

 

Auf deiner EP „Jung us´m Veedel“, dem gleichnamigen Lied darauf und vielen anderen Liedern rappst du über das Veedel als eine Art Lebensphilosophie. Welche Bedeutung haben die Kölner Veedel für dich und das allerwichtigste, in welchem Veedel wohnst du?

Ich wohne in Ehrenfeld. Für mich ist das eine Heimat innerhalb der Heimat, so eine Art Schutzbunker. Man grüßt jeden und weiß genau, wo man hingehen muss. Eigentlich muss man gar nicht aus seinem Veedel raus, um gut leben zu können. Für mich ist das die schönste Subkultur Kölns. Auch die Büdchen-Kultur gehört hier dazu. Jeder hat seinen Stammkiosk, zu dem man eben regelmäßig geht. Was vielleicht früher die Cafés waren, ist heute der Kiosk als Treffpunkt für die Menschen im Veedel.

 

Was macht Mo-Torres eigentlich privat, wenn er nicht gerade im Scheinwerferlicht steht?

Es bleibt leider nicht mehr so viel Zeit neben meinem Studium und meiner Musik. Ich spiele aber gerne Fifa und setze mich nach der Arbeit an die Konsole. Besonders gerne gegen Kessler, weil der echt gar nichts an der Konsole kann (lacht). Wochenendtrips sind für mich ein neues Hobby. Ich war vor kurzem in Istanbul und Mailand. Das tut zwischendurch auch mal ganz gut.

 

Wie sieht dein Werdegang als Fan des 1. FC Köln aus und wann bist du das erste Mal ins Stadion gegangen?

Mein Vater hat mich 1995 das erste Mal mit ins Stadion genommen. Da lag der FC 3:0 gegen Leverkusen zurück und hat am Ende noch ein Unentschieden erspielt. Das war schon ein wichtiger Meilenstein in meiner Geschichte als Fan. Mit 12 hatte ich dann schon eine Dauerkarte und stehe seitdem immer im Block S3, was natürlich kein gutes Timing war, weil ich ab da mehr Tiefen als Höhen miterlebt habe, aber das geht ja letztendlich jedem in meiner Generation so.

Ich liebe einfach alles rund um den Verein, ob es Hennes, einzelne Spieler oder sonst was ist. Manchmal wollte ich mich dagegen wehren, zum Beispiel, wenn man in der zweiten Liga gegen Wacker Burghausen spielt und verliert. Das ist schlussendlich aber nicht möglich.

 

Wie zufrieden bist du mit der Entwicklung des 1. FC Köln in den letzten Jahren und welche Erwartung hast du an die aktuelle Saison?

Ich bin megazufrieden. Das ist eine sehr schöne Momentaufnahme gerade. Wir stehen gar nicht zu unrecht da, wo wir jetzt sind, da eine sehr effiziente Truppe am Start ist. Dann hat man auch noch so Rentnerfahrzeuge wie Lehmann, der immer noch gut läuft. Es ist wahnsinnig zu sagen, aber der Europokal könnte jetzt mal an der Zeit sein. Warum sollten wir jetzt nicht mal Sechster werden und dann ist Feierabend in Köln. Dann fällt der 12.000 Mann Rekord von Frankfurt in Bordeaux (lacht). Letztens hatte ich den Traum, dass 20.000 Kölner im Bernabéu bei Real Madrid stehen (lacht). Viele fragen mich jetzt schon, ob ich einen Song mache, wenn der FC international spielt und das werde ich definitiv, wenn es soweit ist.

 

Vielen Dank für das Interview!