21.6.2016
Herr Gaißmayer, wenn Sie an den 18. Mai 1996 zurückdenken, woran erinnern Sie sich?
Natürlich an das Spiel in Rostock. Es war der letzte Spieltag, ein sehr wichtiges Spiel für den Effzeh. Mit einem Sieg gegen Hansa wären wir gerettet gewesen, bei einer Niederlage oder einem Unentschieden wäre es auf die anderen Ergebnisse angekommen. Besonders durch die Partie Leverkusen gegen Kaiserslautern war die Sache sehr ungewiss. Uns war klar, dass wir das Spiel gewinnen mussten, um nicht abzusteigen. Der Druck war immens hoch. Der 1. FC Köln ist schließlich ein Gründungsmitglied der Bundesliga und war bis zu diesem Zeitpunkt noch nie abgestiegen.
Blicken Sie doch für uns zurück! Wie ist das Spiel verlaufen, auch für Sie persönlich? Können Sie die Szene Ihres Siegtores zum 1:0 noch mal in Gedanken durchgehen?
Ich bin nach sieben Minuten ins Spiel gekommen, weil Stefan Kohn sich verletzt hatte. Es war ein sehr ausgeglichenes Spiel mit Torchancen auf beiden Seiten...
...bis zur 72. Minute...
Genau! Pablo Thiam bekam den Ball relativ frei auf der rechten Seite und konnte bis zu Grundlinie durchmarschieren. Ich war auf dem Weg in die Mitte und dann kam im richtigen Moment der perfekte Querpass von Pablo. Mein Gegenspieler hatte sich an den kurzen Pfosten orientiert und dadurch stand ich hinten relativ frei und musste den Ball nur noch aus vier Metern einschieben. Das war eine unglaublich größte Erlösung. Ich bin zur Fankurve gerannt, wo wieder mehrere tausend FC-Anhänger mit dabei waren und uns unterstützt haben. Das 1:0 war zwar etwas glücklich, aber umso schöner, dass es für den Klassenerhalt gereicht hat.
Leider hat es zwei Jahre später dann nicht mehr gereicht, der Effzeh musste erstmals in die Zweite Liga. Wie haben Sie in ihrer Zeit in Köln diesen sportlichen Abstieg, der sich ja über mehrere Jahre angedeutet hatte, miterlebt?
Das Hauptproblem war, dass die Erwartungshaltung in Köln immer sehr groß war. Wir hatten uns personell gut verstärkt mit Spielern wie Munteanu, Oliseh oder Dollberg. Viele haben damals vom Effzeh erwartet, dass wir international spielen. Aber das haben wir dann einfach nicht geschafft. Im Pokal sind wir in der ersten Runde in Beckum ausgeschieden, in der Liga haben wir unser erstes Spiel gegen Schalke verloren. Dann wurde Morten Olsen entlassen. Das hat sich in den nächsten Jahren dann wie ein roter Faden durch den Verein gezogen. Die Konstanz fehlte. Vor allem, weil man sehr schnell ungeduldig wurde und dadurch diese vielen Trainerwechsel zustande kamen.
Wie war denn damals das Klima im Team und im Verein?
Im Team gab es überhaupt keine Probleme. Wir hatten eine sehr gute Kameradschaft innerhalb der Mannschaft. Daran hat es mit Sicherheit nicht gelegen. Ich glaube, dass damals sehr viel durch die Presse verursacht wurde. Die Medien haben den einen oder anderen Trainer fast selbst entlassen, ohne, dass der Verein da großartig mitgewirkt hätte.
Das ist heute anders. Reiben Sie sich manchmal verwundert die Augen, was in Köln in den letzten Jahren passiert ist?
Bis vor wenigen Jahren war es noch so, dass der FC immer wieder auf- und abgestiegen ist. Seit zwei, drei Jahren, seit Peter Stöger und Jörg Schmadtke da sind, ist deutlich mehr Ruhe eingekehrt. Auch in Situationen, in denen es vielleicht mal nicht so gut lief, wurde stets die Ruhe bewahrt. Das wird auch in den nächsten Jahre weiter die Entwicklung in Köln auszeichnen. Davon bin ich überzeugt. Ich glaube auch, dass der Effzeh mittelfristig die internationalen Plätze wieder angreifen kann. Hätte man in dieser Saison die Schwächephase nicht gehabt, in der auch viele Heimspiele verloren wurden, hätte man das schon in dieser Saison erreichen können.
Welcher Spieler imponiert Ihnen aktuell besonders?
Ich bin von Timo Horn begeistert. Der zeigt jetzt seit Jahren konstant gute Leistungen, macht kaum Fehler und ist für sein Alter schon sehr weit. Ich glaube, dass es für eine Bundesliga-Mannschaft ganz wichtig ist, einen sicheren Rückhalt zu haben, auf den man sich immer verlassen kann. Timo Horn ist beim Effzeh mit Sicherheit ein Schlüsselspieler.
Kommen wir mal zu Ihnen: Was machen Sie heute eigentlich genau?
Hauptberuflich bin ich bei einem Automobilzulieferer aus Wuppertal im Einkauf beschäftigt. Zu unseren Hauptkunden zählt Ford, daher ist das trotzdem irgendwie sehr nahe an Köln. (lacht) Außerdem bin ich auch Sportlicher Leiter beim FSV Vohwinkel und betreibe zusätzlich noch eine Fußball-Schule.
Wie läuft es denn beim FSV?
Sehr gut! Wir stehen momentan auf dem zweiten Platz. In den nächsten beiden Spielen wird sich entscheiden, wo der Weg hingehen wird.
Können Sie sich vorstellen, als Trainer oder Verantwortlicher in einer höheren Klasse zu arbeiten, zum Beispiel in der Bundesliga? Oder sind Sie ganz froh, dass Sie nicht mehr so sehr im Rampenlicht stehen?
Ich war sechs Jahre lang Trainer in der Landesliga, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. In den unteren Ligen ist es als ehemaliger Profi natürlich etwas schwieriger, die eigenen Gedanken, die man hat, auch umsetzen zu können. Es sind eben alles Amateure, die gar kein oder nur sehr wenig Geld verdienen und die dementsprechend auch eine andere Einstellung haben als Profispieler. Ich glaube aber nicht, dass ich als Trainer noch den Weg in den Profi-Bereich einschlagen werde. Das ist eher nicht mein Ding.